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Staatsanwaltschaft: Feuer in Solinger Mehrfamilienhaus war Brandstiftung

Lokalzeit Bergisches Land 27.03.2024 02:44 Min. Verfügbar bis 27.03.2026 WDR Von Klaudia Deus

Brandstiftung: Feuer in Solingen vorsätzlich gelegt

Stand: 28.03.2024, 10:55 Uhr

Der Großbrand in einem Mehrfamilienhaus in Solingen mit vier Toten ist nach einem vorläufigen Gutachten auf vorsätzliche Brandstiftung zurückzuführen. Am Nachmittag ist eine Trauerfeier geplant.

Das teilte die Staatsanwaltschaft Wuppertal am Mittwoch zu dem Feuer mit, bei dem am Montag ein Vater, eine Mutter und zwei Kinder einer Familie ums Leben gekommen waren. In dem Haus in Solingen wurde Brandbeschleuniger gefunden, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordes und versuchten Mordes.

Bürger, die in der Nacht vom 24.03.24 auf den 25.03.24 zwischen ein und drei Uhr etwas gesehen haben, sollen sich melden. Die Staatsanwaltschaft hat ein Hinweistelefon unter der Nummer 0202 284 1122 eingerichtet. Für Hinweise zu Solingen ist außerdem das Hinweisportal der Polizei NRW freigeschaltet.

Staatsanwaltschaft: "Keine Hinweise auf Fremdenfeindlichkeit"

zu sehen ist Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt bei der Pressekonferenz

Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt

Die Eltern waren 28 und 29 Jahre alt gewesen, die Kinder knapp drei Jahre und ein Säugling erst fünf Monate alt. Nach Angaben des Staatsanwalts Heribert Kaune-Gebhardt stammte die Familie vermutlich aus Bulgarien und sei erst kurze Zeit in Deutschland. Hinweise auf ein fremdenfeindliches Motiv gebe es aber aktuell nicht. Die Obduktion der Leichen sei abgeschlossen. Die Angehörigen der Opfer, die sich gemeldet haben, können nun ihre Verstorbenen bestatten.

Schwerverletze waren auch Bulgaren

Weitere neun Menschen waren mit unterschiedlich schweren Verletzungen in Krankenhäuser gekommen. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft ergänzte, man gehe derzeit davon aus, dass es sich neben der getöteten Familie auch bei einer weiteren schwer verletzten Familie um Bulgaren handele. Ob unter den Bewohnern womöglich weitere Nationalitäten vertreten seien, könne man noch nicht sagen. Laut Stadt handelte es sich bei den Bewohnern um Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten.

Ditib-Gemeinde führt Gespräche mit Hinterbliebenen

Nach Angaben der Türkisch-Islamischen Union Ditib aus Köln sind bis auf eine Person alle Hausbewohner "türkischstämmige Muslime aus Bulgarien oder der Türkei". Bei der getöteten Familie - junge Eltern, ein dreijähriges Kind und ein Säugling - handelt es sich dem Islamverband zufolge um eine "muslimische Familie mit bulgarischer Staatsbürgerschaft". Die Ditib-Gemeinde vor Ort habe bereits erste Gespräche mit den Hinterbliebenen aufgenommen.

Trauerkundgebung vor dem Haus geplant

Unter anderem der Türkische Volksverein Solingen und Umgebung und die Armin T. Wegner Gesellschaft haben für heute Abend zu einer Trauerkundgebung vor dem Brandhaus aufgerufen.

Feuer breitete sich schnell aus

Ausgangspunkt des Brands war den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge das Treppenhaus des Altbaus. Die Rauchmelder schlugen zwar Alarm, doch das Feuer breitete sich durch einen sogenannten Kamineffekt binnen fünf Minuten bis zum Dach aus. Im hölzernen Treppenhaus seien "deutlich Reste eines Brandbeschleunigers" nachgewiesen worden.

Drei Verletzte weiterhin auf Intensivstation

Beim Eintreffen der Feuerwehr stand das Holz-Treppenhaus bereits in Vollbrand, so dass der Fluchtweg versperrt war. Mehrere Bewohner sprangen in Panik aus den Fenstern. Ein Mann und eine Frau, die mit ihrem Kind auf einem Autodach landeten, liegen weiterhin auf einer Intensivstation im Krankenhaus, teilte die Stadt Solingen mit.

Die zweite Brandstiftung im gleichen Haus

Im gleichen Haus war vor anderthalb Jahren schon einmal ein Feuer gelegt worden, ebenfalls im Treppenhaus. Damals wurde der Brand frühzeitig entdeckt und konnte schnell von der Feuerwehr gelöscht werden. Der Täter ist bislang nicht ermittelt worden.

Brandstiftung: Feuer in Solingen vorsätzlich gelegt

00:50 Min. Verfügbar bis 27.03.2026


Wie arbeiten die Brandermittler vor Ort?

In der WDR Lokalzeit Bergisches Land erklärte der ehemalige leitende Branddirektor Prof. Roland Görtz am Mittwochabend, wie das Brandermittler-Team vor Ort jetzt vorgeht: "Man sucht als erstes nach der Brandausbruchsstelle. Das Team durchleuchtet das Ereignis und die Räume, schaut sich an, was wie weit heruntergebrannt ist und wo es angefangen hat", sagte der Experte. "Was hat dort gebrannt, was hat zuerst gebrannt und wo gibt es Zündquellen?"

Die erwähnten Brandbeschleuniger seien in der Regel leicht zu finden, gerade in den unteren Stockwerken. "Feuer und Rauch breiten sich ganz massiv nach oben aus. Und diese Ausbreitung nach oben führt dazu, dass es unten noch relativ kühl bleibt. Dort findet man nachher im Schutt noch Reste", sagte Görtz.

Während das Brandermittler-Team die Ursache für den Ausbruch des Feuers untersucht, liegt die Spurensuche nach dem Täter im Aufgabenbereich der Polizei. Diese wird noch einige Zeit mit der Auswertung möglicher Spuren beschäftigt sein.

Etwa 30 Personen von Brand betroffen

In einem Statement zeigte sich die Stadt schockiert über die mutmaßliche Brandstiftung. Dass dadurch eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern ausgelöscht worden sei, schockiere ihn zutiefst, erklärte Ordnungs- und Sozialdezernent Jan Welzel am Mittwoch. Den Hinterbliebenen sprach er sein Mitgefühl aus. 

Jan Welzel im Interview

Ordnungs- und Sozialdezernent Jan Welzel

Außerdem sicherte der Sozialdezernent allen Betroffenen zu, schnell und unbürokratisch Hilfe und Unterstützung zu geben. Die Wohnungsnotfallhilfe arbeite mit Hochdruck, sagte Welzel in einem Interview mit dem WDR. Etwa 30 Personen seien betroffen. Viele von ihnen seien derzeit bei Freunden und Bekannten untergebracht.

Man werde, wo nötig, Wohnraum und finanzielle Soforthilfe zur Verfügung stellen, kündigte Welzel im Statement an. Darüber hinaus gebe es psychologische Beratungsangebote für direkt Betroffene und Menschen in der Nachbarschaft des Hauses. Die Stadt bittet um Geldspenden für die Familien, Sachspenden würden nicht angenommen.

Unsere Quellen:

  • Gutachten der Staatsanwaltschaft Wuppertal
  • Gespräch mit Ordnungs- und Sozialdezernent Jan Welzel
  • dpa
  • WDR Lokalzeit Bergisches Land