Das Bild zeigt, wie Milch in ein Glas gegossen wird.

Vogelgrippe: Warum die WHO in den USA vor Rohmilch warnt

Stand: 27.04.2024, 16:13 Uhr

In einer neuen Risikoanalyse zur Vogelgrippe erklärt die WHO, das Risiko für Menschen sei noch gering. Allerdings sprach sie eine Warnung für Rohmilch aus. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Das Vogelgrippe-Virus war zuletzt in den USA überraschend bei Kühen entdeckt worden. Dort hatte sich auch ein Mensch bei einer Kuh angesteckt. Bei Viren besteht immer die Gefahr, dass sie sich verändern und dann einfacher von Mensch zu Mensch übertragen. Das ist bislang bei dem sogenannten H5N1-Virus nicht der Fall. 

Erste Hinweise deuten auf eine Infektion des Euters hin, fasst das Science Media Center zusammen. Das Virus könnte also über die Melkgeräte oder die Handschuhe der Farmbelegschaft auf andere Tiere übertragen werden. Aber auch eine Übertragung über die Atemwege sei derzeit nicht ausgeschlossen.

Aktuell wird außerdem untersucht, ob Milch bei der Übertragung eine Rolle spielt. Die WHO rät Menschen in den USA deshalb, nur pasteurisierte und keine Rohmilch zu konsumieren. Denn US-Behörden fanden Bestandteile des Vogelgrippevirus in Milch.

Was ist der Unterschied zwischen Rohmilch und pasteurisierter Milch?

Der Unterschied zwischen Rohmilch und pasteurisierter Milch ist die Behandlung. Bei pasteurisierter Milch wurde durch eine kurze Erhitzung sichergestellt, dass krank machende Keime wie bestimmte Bakterien und Viren abgetötet wurden. Frisch gemolkene Milch dagegen ist in einem unbehandeltem Zustand und kann diese enthalten. Milch aus dem Supermarkt ist immer pasteurisiert, auch wenn es frische Milch ist.

In Deutschland kann man Rohmilch an vielen Bauernhöfen direkt beim Erzeuger kaufen. Allerdings muss der Verkäufer ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Milch vor dem Verzehr abgekocht werden sollte, um mögliche Keime abzutöten. Wenn die Milch am Automaten verkauft wird, muss die dringende Empfehlung per Aushang übermittelt werden.

Woher kommt das Vogelgrippe-Virus?

Das hochansteckende Influenza-A-Virus H5N1 wurde erstmals 1996 in China entdeckt und hat seitdem mehrere Ausbrüche in Geflügelbeständen und vereinzelt auch beim Menschen verursacht, fasst das Science Media Center zusammen. Mittlerweile sei der Erreger nahezu über den gesamten Globus zu finden und befalle immer häufiger auch andere Tierarten. 2005 gab es die ersten Vogelgrippe-Fälle in Europa

Vogelgrippe: Wie ist die Situation in Deutschland?

Wissenschaftler beobachten die Situation sehr genau. Martin Beer ist Leiter des Instituts für Virusdiagnostik (IVD) beim Friedrich-Loeffler-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Er sagt: "Die Aufmerksamkeit des Friedrich-Loeffler-Instituts und der Forschenden gegenüber dieser Situation ist sehr hoch. Die Behörden wissen, dass bei etwaigen unerklärlichen Krankheitsbildern in Kuhbeständen, die mit Milchrückgang einhergehen, auch an H5N1 gedacht werden muss und unter Umständen entsprechend getestet wird."

Eine gute Nachricht ist: Deutschland hat laut Beer ein deutliches besseres Kontrollsystem als die USA. "In Deutschland haben wir eigentlich das gläserne Rind. Jedes Tier ist eindeutig markiert und jede Tierbewegung ist über eine Datenbank nachvollziehbar. Das ist in den USA nicht so."

Gibt es in den USA Fälle, in denen sich Menschen mit angesteckt haben?

"Bisher gibt es in Texas zum Glück nur einen dokumentierten Fall einer Übertragung auf den Menschen", sagt der Virologe Beer. Aber in den USA gebe es viele illegale Arbeiter, vor allem auf Rinderfarmen. "Es wird sehr schwer sein, herauszufinden, wer tatsächlich Kontakt mit welchen Tieren hatte."

Diese Vogelgrippestämme hätten grundsätzlich zunächst einmal ein niedriges zoonotisches Potenzial. Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die wechselseitig zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können.

Wie groß ist die Gefahr einer Infektion mit Vogelgrippe für Menschen?

Die Gefahr ist laut WHO gering. Der Virologe Beer erklärt, das Virus sei maximal an den Vogel angepasst. "Für eine Übertragung auf den Menschen muss das Virus einige Hürden überwinden, weil wir zum Beispiel eine wirksame angeborene Immunität gegen solche Influenzaviren besitzen. Die H5-Viren tun sich zum Glück bisher schwer damit, diese Hürden zu überwinden", so Beer.

Doch jeder neue Säugetierwirt könne das Virus dem Menschen ein Stück näherbringen. "Wir können nur hoffen, dass das Virus in der Kuh auf das Euter beschränkt bleibt." Dieser Übertragungsort sei zwar erstaunlich, aber die davon abhängige Übertragung ist unter Umständen leichter zu unterbinden. Eine Übertragung über die Atemwege dagegen wäre sehr problematisch, sagt Beer.

Unsere Quellen:

  • Virologe Martin Beer gegenüber dem Science Media Center
  • Zusammenfassung des Science Media Centers
  • Infos der Nachrichtenagentur DPA
  • Infos von Quarks & Co: Milch – von der Kuh in die Tüte