Suche nach vermisstem Arian geht weiter
02:24 Min.. Verfügbar bis 20.05.2024.
Aktive Suche nach vermisstem Arian wird eingestellt
Stand: 29.04.2024, 18:33 Uhr
Auch nach einer Woche bleibt der sechsjährige Arian weiter verschwunden. Am Dienstag wird die Suche nach dem autistischen Jungen aus Bremervörde eingestellt.
"Wir werden ab morgen hier nicht mehr vor Ort sein", sagte ein Sprecher der Polizei am Montag. Eine Ermittlungsgruppe werde aber weiter an dem Fall dranbleiben. Seit dem 22. April hatten Hunderte Einsatzkräfte und Freiwillige nach dem autistischen Jungen gesucht.
Täglich hunderte Suchende im Einsatz
Sie durchkämmten rund 5.300 Hektar zu Land, zu Wasser und aus der Luft. Täglich waren etwa 800 Menschen und mehr beteiligt, darunter Spezialkräfte mit Hunden, Pferden, Helikoptern, Drohnen, Booten und Tauchequipment. "Wir wollten alles Menschenmögliche tun, um Arian zu finden", sagte der Polizeisprecher. Am Wochenende war ein Großaufgebot mit 1.200 Suchenden im Einsatz - auch die Bundeswehr half mit. Doch der Erfolg blieb aus.
Die beteiligten Soldaten der Bundeswehr wurden am Montag wieder abgezogen, die Suche nach Arian aber ging weiter. Mehrere Trupps der Bereitschaftspolizei suchten punktuell nach dem autistischen Jungen. Die Einsatzkräfte gingen gezielt Hinweisen nach - man nehme alle Informationen ernst.
Vermisstenexperte Jamin kritisiert Ende der Suchaktion
Peter Jamin, Autor
"Ich bin empört und erschüttert", sagt der Düsseldorfer Autor und Vermisstenexperte Peter Jamin dem WDR zum Ende der großen Suchaktion.
Man sollte die Suche von vorne beginnen, meint Jamin, der sich seit drei Jahrzehnten mit Vermistenfällen beschäftigt - früher auch in der Reihe "Vermisst" im WDR Fernsehen. Er kenne Fälle, in denen man Vermiste noch lebend gefunden hätte, "wenn man noch einmal und gründlich gesucht hätte".
1,5 Kilometer breite Menschenkette
Am Sonntag durchkämmten Einsatzkräfte das Gebiet nördlich von Bremervörde-Elm, dem Wohnort von Arian, mit einer 1,5 Kilometer breiten Menschenkette. In diesem Bereich seien in den letzten Tagen immer wieder Fußspuren gefunden worden, die von Arian stammen könnten, berichtet der NDR unter Berufung auf die Polizei.
Der vermisste Arian aus Bremervörde.
Dahinter folgten kleinere Suchtrupps, um gezielt in schwer zugänglichen Bereichen zu suchen. Das Technische Hilfswerk und die Feuerwehr durchsuchten zudem Gräben und darin befindliche Rohre. Unterstützt wurden sie von einer Reiterstaffel. Auch Boote und zehn Drohnen suchten wieder nach dem vermissten Sechsjährigen. Es war die größte Suchaktion seit dem Verschwinden von Arian.
Vermisster Arian: Menschenketten beim bisher größten Sucheinsatz
Aktuelle Stunde . 28.04.2024. 43:21 Min.. UT. Verfügbar bis 28.04.2026. WDR. Von Birgit Grigo.
Arian ist Autist
Die Suchaktion ist eine besondere Herausforderung.
Die Suche ist eine Herausforderung. Als Autist wird sich Arian den Einsatzkräften von sich aus nicht anvertrauen. Am Wochenende hatte die Polizei deswegen die Stimme von Arians Mutter über Lautsprecher abgespielt. In den Botschaften erlaubt die Mutter ihm, sich an Einsatzkräfte zu wenden, erklärt die Ergotherapeutin Jutta Bertholdt. Sie berät die Helfer bei der Suche.
Bertholdt riet den Einsatzkräften auch, Arian nicht anzufassen, sollten sie ihn finden. Autisten könnten Berührungen von Fremden als unangenehm oder schmerzhaft empfinden, sagte Bertholdt. Die Ergotherapeutin lobte die Einsatzkräfte: Es werde an allen Orten gesucht, was richtig sei. Es könne sein, dass Arian als Autist anders als Altersgenossen keine Angst vor etwa dem dunklen Wald habe.
Hier gibt es mehr Infos zum Thema Autismus:
Wie stehen Arians Chancen?
Seit einer Woche ist Arian verschwunden. Weil es draußen kalt war und Arian vergleichsweise leichte Kleidung trägt, beschreibt die Polizei die Lage insgesamt als "sehr ernst". Oliver Huth vom Bund deutscher Kriminalbeamter erklärt, dass Arian aber Chancen hat: "Auch wenn er vielleicht an Wasserquellen kommt, was immer das Entscheidende ist. Ohne Nahrung zu leben, ist durchaus möglich. Wir können wirklich nur hoffen, dass er irgendwo Unterschlupf gefunden hat und Rahmenbedingungen, die das Überleben ermöglichen." Aber es sei wichtig, ihn jetzt zeitnah zu finden.
Keine Hinweise auf einen Kriminalfall
Ein Polizeisprecher erklärte am Wochenende, es gebe weiter keine Hinweise auf einen Kriminalfall. Einen etwaigen Wolfsangriff - in der Gegend gibt es Wölfe - schloss der Sprecher aus. Ein Wolfsberater des Landkreises Rotenburg hält das ebenfalls für unwahrscheinlich.
Beispiele, die hoffen lassen
Dafür, dass der Junge noch wohlbehalten aufgefunden werden könne, gebe es in der Vergangenheit jedoch einige Beispiele, hieß es. Vor fast zwei Jahren etwa verschwand Joe in Oldenburg. Der Achtjährige ist geistig beeinträchtigt. Acht Tage lang suchten Einsatzkräfte nach dem Kind, auch Anwohner. Ein Spaziergänger hörte schließlich ein Wimmern aus dem Kanal. Joe wurde gerettet - unterkühlt, aber sonst gesund.
Telefonnummer für Hinweise eingerichtet
Laut Polizeisprecherin haben zahlreiche Passanten und Anwohner Hilfe bei der Suche des Jungen angeboten. Die Polizei richtete eine Telefonnummer für Hinweise oder Hilfsangebote ein.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Pressemitteilungen der Polizei
- Peter Jamin, Autor und Vermisstenexperte, im WDR-Gespräch
- Informationen der NDR-Kolleginnen und -Kollegen